Klischeefrei

Klischeefreier Krankenhaus-Alltag

Drei Prüfungen, ein Praktikum und die Dissertation fehlen David noch zum Abschluss seines Medizinstudiums. Für Letztere defibrilliert er im Tierversuchslabor Schwein Adelheid im Planschbecken. Sein Praktikum führt in auf die Onkologie. Dort trifft er seinen schwerkranken Ex-Freund Ambros wieder.

Dieses Praktikum wird David fordern, fachlich und emotional. Er wird Patienten und Krankheitsbilder kennenlernen, die den einigermaßen abgebrühten Medizinstudenten an seine Grenzen bringen. Er muss sich mit dem Sterben auseinandersetzen. Und er wird sehen, dass sein Bild von Krankenhausalltag im realen Leben wenig Bestand hat: „Aber man sollte einem Toten die Augen zumachen, dann die Uhrzeit sagen. Und die Handschuhe in die Ecke schleudern. Wie im Fernsehen eben. Aber was ich im Fernsehen noch nie gesehen habe: dass der Arzt barfuß über die Gänge schleicht, mit blutigen Birkenstock in der Hand.“

Durch die knappe Sprache und den teils sarkastischen Tonfall schimmert viel Herzlichkeit und Wärme. So entstehen kitschfrei berührende Bilder und vielschichtige Charaktere abseits gängiger Klischees. Sparsam sind auch die Schauplätze und das handelnde Personal. Ein Oberarzt, eine Krankenschwester und eine Handvoll Patienten genügen, um den Alltag auf der onkologischen Station und die Arbeit im Tierversuchslabor zu schildern. Ergänzend dazu wird die Liebesgeschichte von David und Ambros in Rückblenden erzählt.

Dass David Fuchs selbst als Onkologe und Palliativmediziner arbeitet, bringt viel Realismus in die Schilderungen von Punktionen im Brustkorb und von Obduktionen toter Menschen und Schweine. Das ist wahrscheinlich nicht für jeden erträglich. Dieser Roman will aber auch gar nicht allen gefallen. Vielleicht macht ihn gerade das so eindrücklich.

Verlagsinfo zum Buch

Dieses Buchrezension ist im oö. Kulturbericht 12/2018 erschienen.

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