Störungen auf der Karriereleiter
Vier Manager*innen einer Werbeagentur begeben sich für ein Wochenendseminar in ein abgelegenes Hotel. Angeleitet von Consulter Marius Tankwart soll sich aus den vieren jene Person herauskristallisieren, die künftig die Geschäftsführung der Agentur übernehmen wird. Dementsprechend präsentieren sich Annette, Franz, Horst und Helmut als hochambitionierte, zukunftsorientierte Leistungsträger*innen. Viel Glanz und Gloria – und jede Menge Management-Floskeln.
Den Strich durch ihre Rechnung macht ihnen allerdings akkurat der Consulter. Dieser hat nach einer eindrucksvollen Begegnung mit einer alten Dame erkannt, dass er seinen Beruf an den Nagel hängen will. Dieses Seminar wird sein letztes sein. Und er gestaltet es anders als gewohnt. Damit bringt er seine Teilnehmer*innen gehörig aus dem Konzept. Der Glanz verblasst, verdrängte Tatsachen nehmen Raum.
Renate Silberer beschreibt recht plakativ eine Arbeitswelt mit stromlinienförmig angepassten Menschen, die selbstzentriert auf ihre Karriere fokussiert sind. Auch Marius Tankwart hat so gelebt: „Ich war (…) wie ein Soldat, ganz neben mir und das einzige, das ich verfolgte, war eine Ziellinie, eine Gerade, die ich fixierte, um ihr bedingungslos zu gehorchen.“
Aber irgendwann wird das angepasste Selbstbild erschüttert. Für manche ist das der Auslöser einer Neuorientierung. Für andere hingegen nur ein kurzer Gewittersturm, der möglichst rasch hinter sich gebracht wird. Und es geht weiter wie bisher.
Silberer verbindet diese Schilderung einer empathielosen Welt mit einer Pädagogik aus der NS-Zeit, die auch noch in der Nachkriegszeit viele Mütter beeinflusst hat. Johanna Haarers Ratgeber „Die Mutter und ihr erstes Kind“ ist zuletzt 1987 neu bearbeitet erschienen und empfiehlt, Kinder möglichst emotions- und berührungslos zu erziehen.
Diese Buchvorstellung ist im oö. Kulturbericht 5/2021 erschienen.