Expedition ins Goldland
Wir schreiben das Jahr 1538. Der spanische Kleinadelige Ferdinand Desoto stellt eine Expedition zusammen, um das sagenhafte Goldland Florida zu erobern. Mit 800 Männern, 300 Pferden und zahlreichen Schweinen macht er sich auf die Reise. Sie wird als erfolglosester Eroberungszug der spanischen Conqusita in die Geschichte eingehen. Viereinhalb Jahre nach dem Aufbruch kehren nur 200 Mann und 6 Pferde zurück. Auch Desoto selbst wird nicht überleben.
Auf der immer aussichtsloseren Suche nach Gold führt der Feldzug durchs sumpfige Ödland. Je länger er andauert, umso größer wird die Spur der Verwüstung, die er hinterlässt. Gibt es anfangs noch Versuche, Indianerstämme freundschaftlich zum Christentum zu bekehren, ist es am Schluss nur noch ein Kampf ums nackte Überleben.
Nach dem „Floß der Medusa“ hat sich Franzobel erneut einem dunklen Kapitel der Geschichte angenommen. Auch hier zeigt er menschliche Grausamkeiten in aller Schonungslosigkeit. Sein schwarzer Humor sorgt für die nötige Distanz, die den Stoff überhaupt erst lesbar macht. Er zeigt auf, welche zutiefst individuellen Empfindungen große Folgen nach sich ziehen können: So ist es Desotos Eifersucht auf seinen Nebenbuhler um seine – wenig geliebte – Ehefrau Isabella, die ihn jede Vernunft hintanstellen und die Expedition immer weiter vorantreiben lässt.
Die Geschichte der Eroberungsfahrt umrahmt Franzobel mit fiktiven Erzählsträngen um den Notar Turtle Julius auf der Suche nach einem Erben, die Phantastereien des Elias Plim und den Kampf des Anwalts Trutz Finkelstein um die Restitution der USA an indigene Stämme. Mit seinen zahlreichen Figuren und der beinahe überbordenden Erzählweise, die viel Bezug zum Jetzt aufweist, gleicht der Roman einem Gemälde der Brueghels. In der Anmutung einer Karikatur von Manfred Deix.
Diese Buchrezension ist im oö. Kulturbericht 4/2021 erschienen.