Finden

Finden: Auf dem Weg zum selbstbestimmten Leben

In ihrem Stammlokal lernt eine junge Frau die Kellnerin Marie kennen. Marie lebt frei und ungebunden, ohne Zukunftspläne, in unverbindlichen Beziehungen. Und verkörpert damit das Gegenteil von vielem, das die junge Frau bisher geprägt hat. Diese hat sich erst kürzlich von ihrem etwas langweiligen aber grundsoliden Freund getrennt, mit dem sie seit der Schulzeit beisammen war. Das Zukunftsbild von Heirat, Kindern und Karriere ist damit gehörig ins Wanken geraten. Marie verstärkt die Zweifel, indem sie alternative Lebensmodelle aufzeigt.

Barbara Rieger erzählt von der Suche einer jungen Frau nach ihrem individuellen Weg durchs Leben. Erstmals auf sich allein gestellt, kämpft sie mit ihren inneren Dämonen ebenso wie mit den Zugkräften, die von außen auf sie einwirken. Ihre dominante Mutter mit ihrem klaren Bild einer ansehnlichen und angepassten Vorzeigetochter steht auf der einen Seite. Marie auf der anderen. Dann ist da noch ein konturloser Vater am Rande des Geschehens, der Frau und Tochter durch diverse Tabletten zu beruhigen versucht. Einzig die Großmutter, in deren Wohnung die junge Frau nun lebt, scheint sie zu nehmen, wie sie ist.

In einzelnen Episoden schildert Rieger diese anstrengende Suche. Reale Ereignisse, Erinnerungen, Fantasien und Träume wechseln einander dabei oft übergangslos ab, wobei oft nicht eindeutig ist, worum es sich nun gerade handelt. Der klare, nüchterne Ton sorgt für emotionale Distanz. Ebenso die Namenlosigkeit der Psychologiestudentin, die aus der Ich-Perspektive erzählt. Dennoch kann man sich gut in sie hineinversetzen und ihre inneren Kämpfe nachvollziehen. Barbara Rieger hat mit ihrem Debütroman eine ungewöhnliche Variante der klassischen Coming-of-Age-Story vorgelegt.

Verlagsinfo zum Buch

Diese Buchrezension ist im oö. Kulturbericht 7/2020 erschienen.

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