Held

Stiller Held

Eine Heldengeschichte kündigt uns das Buchcover an. Das weckt Erwartungen an große Emotionen, jede Menge Pathos und einen dramatischen Handlungsverlauf. All das bietet die Erzählung von Erich Hackl jedoch nicht. Wohltuend unaufgeregt schildert sie, wie der Kunsthandwerker und Alpinist Reinhold Duschka während der NS-Herrschaft die jüdische Chemikerin Regina Steinig und ihre Tochter Lucia vier Jahre lang versteckt gehalten hat. Damit hat er die beiden vor dem sehr wahrscheinlichen Tod bewahrt.

Der zurückhaltende Ton und die natürliche Sprache lassen Raum, sich selbst ein Bild zu machen. Vom einsilbigen Alpinisten, der tut, was für ihn auch in einer Seilschaft selbstverständlich ist: Ohne große Worte füreinander Verantwortung übernehmen. Vom eintönigen Leben im Versteck in der Werkstatt in Wien, das besonders dem Mädchen im Teenageralter zusetzt. Von den unterschiedlichen Wahrnehmungen einer Person: So hat Duschkas Tochter ihn als aufbrausend, bestimmend und unpolitisch erlebt. Ganz anders als Lucia, die er mit viel Geduld das Feilen von Kupferblech lehrt. Oder sein Enkelsohn, der ihn als freiheitsliebend, warmherzig und politisch wachsam schildert.

Viele Erinnerungen bleiben vage und werden hinterfragt. Während manche Ereignisse bis hin zur Angabe der genauen Uhrzeit detailliert geschildert werden, verschwimmt vieles in der Erinnerung: „Wahrscheinlich gab es auch ein separates Klo und ein Waschbecken, aber das und vieles andere, sagt Lucia, ist aus ihrem Gedächtnis nicht herauszuholen.“

So entsteht ein vielschichtiges, glaubwürdiges und authentisches Bild der Ereignisse. Duschka selbst hat seine Tat übrigens nie zum Thema gemacht. Lucia hat schließlich dafür gesorgt, dass er in hohem Alter geehrt wurde.

Verlagsinfo zum Buch

Diese Buchrezension ist im oö. Kulturbericht 1/2019 erschienen.

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