ankommen

Vom Loslassen, Zulassen und Ankommen

Die 18-jährige Agnesa flüchtet aus der Enge ihrer Familie und des griechischen Restaurants ihres Stiefvaters in die Provinz. Der IT-Nerd Eduard lebt zurückgezogen. Über seinen Computer hackt er sich in die Leben seiner Verwandten und Bekannten. Die 69-jährige Felicitas muss sich ungelösten Themen stellen und ist gefordert, sich tatsächlich auf ihr Leben mit ihrem Partner Hermann einzulassen.

Drei Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen portraitiert Mieze Medusa in ihrem Roman. Dabei zeichnet sie ihre Figuren so eindrücklich, dass es gelingt, sich in ihre Lebensrealitäten und Gefühle hineinzuversetzen. Auf diese Weise lässt sich beispielsweise das Gefühls-Wirrwarr Agnesas beim Erwachsenwerden gut nachvollziehen – das ihr durch den fehlenden Schulabschluss, ihren Migrationshintergrund und ihr Übergewicht erschwert wird. So unterschiedlich die drei Figuren und ihre Herausforderungen auch sind, eint sie doch die die Sehnsucht nach Geborgenheit und Liebe.

In raschen Wechseln treibt Mieze Medusa die drei Handlungsstränge voran und führt sie letztendlich organisch zusammen. Auf diese Weise gelingt es ihr stimmig, verschiedene Themen zu behandeln. Besonders bedrohlich wirkt die Leichtigkeit, mit der sich Eduard in die Leben anderer Menschen hackt. Aber auch die undurchsichtigen und fragwürdigen Vorgänge im internationalen Bankwesen stimmen bedenklich.

Etwas leichter bekömmlich ist hingegen das Portrait des modernen Landlebens: Der Fleischhauer, der mit veganen Würsten auf Pilz-Basis experimentiert. Jugendliche, die mit den immer gleichen Freunden beim Wald-Rave abhängen. Die Bäuerin, die zwischen Kindern, Hof und Fremdenzimmern jongliert. Abwechslungsreich, fundiert recherchiert und mit viel menschlicher Wärme beschreibt Mieze Medusa Ausschnitte unserer Zeit.

Verlagsinfo zum Buch

Diese Buchvorstellung ist im oö. Kulturbericht 7u8/2021 erschienen.

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